„Meilensteine der Uhrengeschichte“

Zahlreiche schicke Autos, auch mit auswärtigen Nummernschildern standen am Freitagnachmittag auf dem Parkplatz vor dem Terrassenbaumuseum. Die Autos parkten dort, wo einst die legendäre Fischer-Kantine in der Mittagspause die halbe Schramberger Geschäftswelt mitversorgte. An die Geißhalde gekommen waren die Gäste zu einer besonderen Ausstellungseröffnung.
Schramberg. „Meilensteine der Uhrengeschichte“ heißt nämlich eine Sonderausstellung im Schramberger Terrassenbau-Museum. Junghans-Chef Hannes Steim hat am Freitagnachmittag die Schau zur Geschichte der Armbanduhr eröffnet.
In der heutigen Werks-Kantine begrüßte er Schrambergs Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr, aus der Familie Junghans Renate und Niko Junghans, sowie Chantal und Jakob Bill, den Sohn des Designers Max Bill. Unter den etwa 100 Gästen waren neben ehemaligen Junghans-Mitarbeitern auch die Vertreterinnen und Vertreter der umliegenden Uhrenmuseen in Furtwangen, Schwenningen und Schramberg sowie zahlreiche Uhrenliebhaber, Juweliere und Geschäftsfreunde von Junghans. Natürlich war auch Hannes Steims Vater und Miteigentümer von Junghans Hans-Jochem Steim dabei.

Sammlung als Anlass
Man feiere noch nicht den 100., sondern den 98. Geburtstag einer Armbanduhr aus Schramberg, berichtete Steim Junior. Junghans brachte 1927 die erste Armbanduhr auf dem Markt.
Der Anlass für die vorgezogene Ausstellung sei eine große Junghans-Sammlung, die Dietmar Fuchs angelegt habe. Fuchs habe bei Junghans gelernt und einige Zeit auch in der Firma gearbeitet. Im Laufe seines Lebens habe Fuchs viele Uhren, aber auch andere Dinge, die mit Junghans in Verbindung stünden, gesammelt.

Sein Sohn Frank Fuchs sei nach dem Tod des Vaters auf ihn zugekommen, berichtete Steim. Das Anschauen der Fuchsschen Sammlung „hat mich sprachlos gemacht“, bekannte er.
Der Archivar der Firma, Norbert Grünberger, habe diese Sammlung mit Exponaten aus der eigenen Sammlung und von anderen Leihgebern erweitert. „Das wollen wir jetzt einer breiten Öffentlichkeit zeigen.“ So könne man darstellen, welchen Anteil Junghans an der Geschichte der Armbanduhr habe.
Interessant sei, wie die Entwicklung von der Großuhr in die Kleinuhr verlief. Das sei bei mechanischen, bei Quarz- und Funkuhren abzulesen. „Wir können stolz darauf sein, was in Schramberg entwickelt wurde“, so Steim.
Mit NoBrk hat es angefangen
Dier Ausstellung ist auf den Terrassen 2 und 3 des Terrassenbaumuseums zu finden. In einem eigenen Raum sind – aufgeteilt nach Jahrzehnten – die Entwicklungsschritte der Uhren nachzuvollziehen.
Bei einem Rundgang erläuterte Steim seinen Gästen diese Entwicklung: Von der ersten Junghans Armbanduhr aus dem Jahr 1927, einer „Nobrk“, Nicht-Brechbaren für den US-Markt über die Chronometer, Pilotenuhren und die ersten Quarzuhren wie der Mega 1 bis zur Octopus für die Hongkonger U-Bahn und die heutigen Funksolaruhren oder die mechanischen Uhren der Meister-, Max-Bill- und Erhard-Junghans-Reihen.




Er erinnerte an die große Erfolgsgeschichte der Funkuhren. Davon habe Junghans seit 1990 mehr als 27 Millionen in Schramberg gefertigt. Mit der „Octopus“ habe man über einen Transponderchip in Hongkong auch die U-Bahn bezahlen können. 200.000 dieser Uhren fertigte Junghans damals – war aber damit der Zeit zu weit voraus, wie Steim bedauerte.
Themenschau
In den Räumen des Terrassenbaumuseum sind auf zwei Ebenen Vitrinen mit Junghansuhren nach Themen sortiert zu sehen. Hier finden sich beispielsweise Werbeuhren oder besondere Schmuckuhren. Manche davon waren mit Brillanten besetzt oder mit klotzigem Uhrengehäuse aus Platin. Diese hätten in gewissen Kreisen für besondere Aufmerksamkeit gesorgt, wie einer der damaligen Designer, Udo Schultheiss, beim Rundgang anmerkte.




Andere Vitrinen sind Uhren aus der Meister-Serie oder den von Max Bill gestalteten Uhren gewidmet. Auch die Designer, die für das Unternehmen gearbeitet haben werden hier gewürdigt. Insgesamt sind 370 Exponate aus verschiedenen Epochen zu sehen.
Besondere Uhren mit Geschichte
Auch Kuriositäten hat Ausstellungsmacher Grünberger zusammengestellt. So zeigen die heutigen Inhaber der Uhrenfirma Hans-Jochem Steim und Hannes Steim ihre seit der Kindheit geschenkten oder gekauften Junghans-Uhren. Zu sehen ist auch der Prototyp einer „Rescue-Uhr“ für die griechische Armee, die aber nie in Serie ging.
Auf einem Bild ist auch Papst Benedikt XVI zu sehen, dem der damalige Bundestagsabgeordnete Volker Kauder eine Junghans-Uhr schenkt, erzählt Steim. Der Papst habe das Geschenk entgegengenommen. Benedikt habe aber Kauder erklärt, er werde die Uhr nicht tragen. Er trage nämlich schon seit den 7o0er Jahren eine Junghans-Uhr, die ihm seine Schwester geschenkt habe.

Erinnerung an Dietmar Fuchs
In einer eigenen Vitrine erinnert die Ausstellung an den Sammler Dietmar Fuchs. Sein Sohn Frank erzählt dazu: „Mein Vater hat alles gesammelt, worauf Junghans stand.“ Steim fügt hinzu: „Das gesamte Dachgeschoss war voll mit Junghans-Material.“ Dies ergänze nun die eigene Sammlung, viele Lücken würden so gefüllt.

Nach dem Rundgang trafen sich die Gäste wieder in der Junghans-Kantine. Dort bewirtete Alexander Pflugbeil mit seinem Team. Pflugbeil hatte jahrelang die Fischer-Kantine auf dem Junghans-Gelände an der Geisshalde geleitet. So schloss sich auch hier der Kreis.